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Beitrag vom 13.01.2004
Marianne Brandt 1893-1983. Fotografien am Bauhaus
Sabine Grunwald
Das verborgene Museum zeigt noch bis zum 8. Februar 2004 Fotografien der Künstlerin. Szenen der Großstadt und Technik, Tanz und Kultur sowie die Stellung der Frau werden experimentell thematisiert
Die Künstlerin Marianne Brandt, die durch ihre Metallarbeiten - Teeservices, Schalen Aschenbecher und Lampen bekannt wurde, hat auch als Fotografin gearbeitet.
Während ihrer Studienjahre, aber auch noch später als Leiterin der Metallwerkstatt am Bauhaus Dessau hat sie fotografiert und Fotomontagen gestaltet.
Die Ausstellung zeigt in einer Auswahl 55 ihrer s/w Bilder der Jahre 1924 - 1931, darunter zahlreiche Selbstportraits.
"Ein Selbstportrait ist ein Spiegelbild und zugleich Metapher für die Lust am Selbst wie für die Angst vor dem Nichtsein...."!
Für die Künstlerin spielen Selbstportraits, die sie auch als "Selbstfotos" bezeichnet, eine besondere Rolle. In optisch verwirrenden Kombinationen von Metallkugeln, Glas und Spiegeln versteckt sie ihr Abbild in einem eigenen Kosmos.
Die Umgebung wird durch bauhaustypische Versatzstücke wie Stahlrohrstühle, die Balkone des Prellerhauses oder durch verzerrt gespiegelte Landschaftsausschnitte bestimmt.
Während eines 6-monatigen Aufenthaltes in Paris 1926/27 entstehen zahlreiche Fotomontagen, in den sie Szenen der Großstadt und Technik, Tanz und Kultur sowie die Stellung der Frau thematisiert.
Martialisch wirken ihre Selbstdarstellungen, die 1929 auf dem Faschingsfest des Dessauer Bauhauses unter dem Motto: "Metallisches Fest" entstanden sind. Als Leiterin der Metallwerkstatt war dieses Thema für sie eine Herausforderung per se, galt Metall nicht nur am Bauhaus als Synonym der fortschreitenden Technisierung und Ausdruck moderner Ästhetik.
Auch die Fotografin Germaine Krull hat 1928 mit ihrem Fotoalbum "metal" diesem technischen Werkstoff ein Denkmal gesetzt.
Marianne Brandt begann sich 1925/25 intensiv mit der Fotografie zu beschäftigen, die für sie einen experimentellen Charakter besaß. Ihre Aufnahmen waren nicht kommerzieller Art. Für die Portraits ihrer KollegInnen wählte sie Motive vom Leben und der Arbeit am Bauhaus. Es waren Versuche, die eigene Befindlichkeit zu dokumentieren..
Ihren größten Erfolg hatte sie mit der Teilnahme an der Werkbundausstellung "Film und Foto" 1929 in Stuttgart. Hier wurden 5 Arbeiten von ihr ausgestellt.
Die Künstlerin kam 1924 an das Bauhaus in Weimar. Als sie sich dort für eine Ausbildung entschied, war sie bereits 30 Jahre alt. Zwischen 1911 und 1917 studierte sie an der Großherzoglichen Sächsischen Hochschule für Bildende Künste, Malerei und Plastik.
Am Bauhaus gefiel ihr die offene Atmosphäre, der unkonventionelle Umgang mit Themen und Materialien und die Verbindung von Kunst und Alltag.
Nach dem erfolgreichen Abschluss des Vorkurses wurde sie in die Metallwerkstatt aufgenommen. Auch dort galt dies eher als Ausnahme, da die meisten "Bauhäuslerinnen" in die Bereiche der Textil- und Töpferkunst abgedrängt wurden.
Mit ihrem genialen Gestaltungsempfinden und technischem Können gepaart mit Ausdauer und Durchsetzungsvermögen gelangt ihr der Aufstieg zur erfolgreichsten Produktgestalterin der Metallwerkstatt.
Das fotografische Werk von Marianne Brandt ist jedoch nahezu unbekannt, zu ihren Lebzeiten hat sie nur wenige Abzüge angefertigt. So stellt sich die Frage, warum sie trotz ihrer Entwürfe nicht in die Avantgardebewegung eingebunden war und aus der kunstgeschichtlichen Rezeption herausgefallen ist.
Ausstellung: Marianne Brandt 1893-1983
Fotografien am Bauhaus
bis zum 08.02.04
Öffnungszeiten:
Do/Fr 15-19 und Sa/So 12-16 Uhr
Das verborgene Museum
Dokumentation der Kunst von Frauen e.V.
Schlüterstr. 70
10625 Berlin
Zur Ausstellung ist ein Katalog erschienen: Marianne Brandt - Fotografien am Bauhaus mit Texten von Elisabeth Wynhoff (Hg.), Jeannine Fiedler, Elizabeth Otto, Hatje Cantz
Ostfildern-Ruit 2002
19,80 €
Weitere Informationen finden Sie im Netz unter:
www.bauhaus.de